Realisierbar wird dieses neue Angebot durch ein multimodales Bedienungskonzept. Die Vielfalt kombinierbarer Annotationswerkzeuge mit komplementären grafischen Bearbeitungsmöglichkeiten entfaltet erstmals das volle gestalterische Potential videobasierter Lernangebote. LICHTBLICK.HANUB.DE erweitert die herkömmlichen Möglichkeiten der Annotation mit intuitiven grafischen Werkzeugen. Diese ermöglichen eine räumliche wie zeitliche Isolation und Herausstellung von durch den Bearbeiter identifizierten Schlüsselszenen (bspw. ein unvorhergesehenes Ereignis oder eine Schülerhandlung, wodurch die Umsetzung des geplanten Unterrichts erschwert - oder erst sicherstellt - wird). Durch die Kombination von drei Annotationsverfahren lässt sich die videografierte Unterrichtspraxis theoretisch fundiert einordnen und Auszubildende können ihre Beobachtungen, Analysen oder Interpretationen erstmals durch präzise Bild-Belege eindeutig nachvollziehbar machen. Die Komplexität und Dynamik authentischer Unterrichtserfahrungen lässt sich mit diesem neuen Ansatz deutlich entschärfen: Das grafische Freistellen von Schlüsselmomenten des Unterrichtsverlaufs oder die Bild für Bild realisierbare Isolation (bspw. des exakten Moments einer "Störung") schärft unmittelbar die analytischen Fähigkeiten und erleichtert individuelle Rekonstruktionen. Darüber garantieren die Kommentierungsmöglichkeiten, dass die herausgearbeiteten Erkenntnisse bspw. für den Lehrenden oder Auszubildenden auch als eine belastbare Diskussionsgrundlage dienen können. Diese kreativen Freiheiten erleichtern nicht zuletzt auch das Anstoßen von Reflexionsprozessen und regen zu einer selbstständigen Erforschung der Variablen und Determinanten des Lehrerhandelns an.
So erzeugte Bild-Collagen machen Interpretationen, Darstellungen mutmaßlicher Kausalzusammenhänge oder Handlungsmotive besser nachvollziehbar ( >>Beispiel studentischer Aufgabenbearbeitungen in Collagen-Form [im Kontext einer Unterrichtssimulation, WS20/21] ). Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal sind beliebige konsekutive Bearbeitungsrunden: LICHTBLICK-WBA-Szenarien lassen sich in beliebig vielen Zyklen auf Grundlage des jeweils vorausgehenden Stands kontinuierlich weiter erforschen bzw. weiterentwickeln - auch abwechselnd durch Dritte (wie unterschiedliche Teilnehmer, Hilfskräfte oder Kollegen - >>Beispiel einer direkten persönlichen Rückmeldung im Seminarzusammenhang ).
Unsere drei aufeinander aufbauenden Workshops bieten die Gelegenheit, diesen neuen Typ videobasierter Lernszenarien kennenzulernen, für ihre eigene Seminararbeit anzupassen oder damit sogar neue Typen von Lernmedien zu entwickeln. Die Workshops finden umstandsbedingt zunächst ausschließlich in Form von Videokonferenzen innerhalb einer virtuellen Lernumgebung (moodle) statt. Mittelfristig sind auch Veranstaltungsangebote vor Ort möglich. Durchgeführt werden die Workshops von Dozenten mit langjähriger Erfahrung in der Aus- und -Weiterbildung. Verbindendes methodisches Prinzip ist, dass die Teilnehmer*innen während der Workshops selbst konstruktive Gestaltungsmöglichkeiten haben. Die Workshops 2 und 3 (Aufbau / Expert*innen) sehen darüber hinaus individuell betreute Arbeitsphasen für eigenständige Erprobungen und Adaptierungen vor.
Die Akademie für Medienpädagogik, Medienforschung und Multimedia (AMMMa AG) entwickelt seit mehr als 20 Jahren mediendidaktische Konzepte an der Schnittstelle zwischen Didaktik und Informatik. Diese Konzepte sind eingeflossen in zahlreiche Produkte für Bildungsmedienverlage und außerschulische Institutionen, von denen viele mit den beiden wichtigsten Bildungsmedienpreisen digita und dem Comenius EduMedia Award ausgezeichnet wurden. Der mediendidaktische Ansatz der dabei entworfenen Werkzeuge und Lernszenarien setzt auf die didaktische Interaktion der Lernenden mit vielfältigen Lernobjekten in offenen und halboffenen Aufgaben. Die nach diesem Ansatz entwickelten Lernumgebungen und Werkzeuge fördern eine hohe Eigenaktivität der Lernenden, die unter Betreuung durch Lehrer*innen weitgehend selbst für ihren Lernprozess und für ihren Lernerfolg verantwortlich sind. Statt auf Instruktion setzt das Konzept dabei auf die konstruktiven Kompetenzen der Lernenden, auf selbstbestimmtes Entwerfen von Lösungswegen und eigenständiges Handeln. Die in enger Kooperation mit fachdidaktischen Expert*innen erstellten handlungs- und produktionsorientierten Lernszenarien sind daher so ergebnisoffen strukturiert, dass sie eine didaktisch sinnvolle Kommunikation über die Ergebnisse des Lernprozesses zulassen. So wird Differenz in der Ergebnispräsentation zum alternativen, qualitativ höheren Wert zu dem lange und immer noch vorhandenen Richtig/Falsch-Feedback-Paradigma in vielen Lernprogrammen.
Die Hannoveraner Unterrichtsbilder sind seit 1996 Wegbereiter für digitale Aus- und Weiterbildungsangebote in der deutschen Lehrerbildung. Genutzt werden diese Angebote an inzwischen gut 100 Hochschulen, Landesinstituten und Seminaren zur Vermittlung und Überprüfung grundlegender Fertigkeiten und Kompetenzen (wie der Beobachtung und Protokollierung oder einer theoriegeleiteten Analyse und Reflexion). Zwei besonders anspruchsvolle Prinzipien der Lehrerbildung lassen sich so verwirklichen: (1) Das „Forschende Lernen“, das (jenseits von Vor-Ort-Hospitationen in Schulen) lediglich auf Grundlage videographischer Dokumentationen authentischen Unterrichts angestoßen werden kann. (2) Die Erleichterung des „Theorie-Praxis-Transfers“, indem didaktische Konzepte und Grundbegriffe erst mittels Veranschaulichung durch konkrete Praxis-Beispiele nachvollzogen und damit auch diskutierbar werden.